leser, horche.
üblicherweise im ein-, zweijahresabstand packt mich ein bedürfnis, das sich in etwa wie folgt darstellt: gibt es nicht, frage ich mich, gibt es nicht tatsächlich noch andere möbelverdreher als das hause Ingvar Kamprads, nächst Elmtaryd und Agunnaryd? gibt es nicht alternativen zu schwedischen chinesischen wegwerfmöbeln, kann man nicht anderswo auch seine wohnung einrichten, ohne sich, und vier generationen eventueller nachkommen in fürchterbare unkosten und/oder verschuldungen zu stürzen?
es muss sie doch geben, antworte ich mir dann. es muss doch. die antwort wird nein sein, es ist leider so. aber sie wird auf richtigkeit überprüft. also hallo, süden wiens, wo einst brach liegende nutzlose lebenswimmelnde g’stätten in blühende wüsten der konsumation verwandelt wurden, hallo sag ich, ich kömme.
parkiere also das opelchen vor etwas namens kika, das an den kinderkanal gemahnende, erst vor schätzungsweise fünf jahren flächenmässig verdoppelte einrichtungshaus. schon beim betreten wird klar, dass das mit dem verdoppeln nicht mehr ist. scheint sich nicht gerechnet zu haben, scheint wieder halbiert worden zu sein.
und dennoch. das was da ist, reicht auch. dem verkäufer, der mich fragt, ob er mir helfen könne möchte ich selbst helfen, möchte ihm die fluchtwege zeigen, die ausgänge, die funktionweise von internetjobbörsen. seinen hinweis, dass ich “davon ausgehen könne” das alle anwesenden sofas in vielen unterschiedlichen (!) farben zu erhalten wären, versuche ich noch bemüht lächelnd mit einem “jawohl, davon gehe ich aus.” zu beantworten.
denn das was hier ausgestellt wird verlangt in stummen schreien nach anderen bezügen – die frage ist, ob man das, was die form schon nicht vermag, gaenzlich durch farbe camouflieren kann? durch unterschiedliche texturen?
wenige meter später will ich den verkäuferling von vorhin zurückholen, und hoffnungsvoll fragen, wo er denn die möbel fuer die sehenden menschen versteckt hätte. das kann so nicht derer von kika ernst sein, denke ich. eine art gruseln packt mich ob der verblümelten pittoresquen scheusslichkeiten, derer sich meine wahrnehmungsorgane nicht erwehren können.
ich sitze probe, streiche, einem nahetoderlebnis entgegenschreitend über feinste micorfaser und echtes!!! leder!!! in farben, die dazu geeignet wären meine augäpfel vor gänsehaut zerfurchen zu lassen. ich gebe mir mühe! ich gebe eine, mehrere, viele chancen! prüfe mit inbrunst polster- und federungen, lasse sorgfalt in der beurteilung walten – wo nachsicht schmeichelhafter wäre – und doch: die darbietung ist mächtiger, sie obsiegt. ich bin erschlagen, schaffe es nicht mehr, meinen wissenschaftlichem forschungsdrang gegen die abschreckende farbenfröhe zu verteidigen. teletubbie-land verbündet sich mit wandverbau, ich habe dem nichts entgegenzusetzen.
hier werden sogenannte innenaustattungen zu nein, wirklich nicht günstigen preisen angepriesen, die weder meine eltern, noch grosselterngeneration willentlich und ohne die anwendung manipulativer psychotechniken jemals gekauft hätten.
hier werden möbel umgeschlagen, für die unschuldige spanplatten umsonst gestorben sind.
hier wird geld verdient mit einrichtungsgegenständen, die es weder in zwanzig, noch in hundert jahren dazu bringen werden, von flohmarktelnden hippstern als volle kanne retro hoschi glücklich in ihre WGs geschleppt zu werden. weil sie einfach und wahr- und clichéehaft schon vor dem kaufe alt aussehen.
gäbe es sofas speziell für den untertagebau, man würde sie bei kika kaufen.
ästhetik als theorie der sinnlichen wahrnehmung? ja, voll und ganz.
immer.mitten.in.die.fresse.rein.
nächster stop: xxl lutz, über leiner, mömax, möbelix, nach ludwig. beiben Sie dran.
One thought on “ich bin sowas von nicht.”