“Sie sind für den Heeresdienst nicht mehr geeignet.”
dazu muss ich ausholen.
es begub sich im jahre 93 des letzten jahrtausends, da musste ein junger buckel, wie es in diesem lande von gesetzeswegen so üblich ist etwas zutiefst unangenehmes tun. er musste sich ‘mustern’ lassen, sich einer sogenannten ‘stellung’ unterziehen.
damals achtzehnjährig und voller antimilitaristischer gewissheit, damals langhaar- und palästinensertuchträger, damals blauäugig wie die nacht dunkel stolperte er von einer situation in die nächste, und erlag so mancher tradierter FUD (FearUncertaintyDoubt) taktik, bauernbubenhaftigem chauvinismus und vor allem eines: ekel.
der buckel wurde wie in seinem heimatort traditon mit einer gruppe mit-achtzehnjähriger vom bürgermeister höchstpersönlich in die ausgewachsene männlichkeit geschleppt, oder richtiger: mit einem auf gemeindekosten gemieteten bus richtung sankt plöten gekarrt, im unangenehmen vorgeschmack von kamerrrradschaft, vaterrrrlandsverpflichtunk und adoleszenz, in richtung militärrrrkommando, errrgänzungsabteilung, stellunkskommission.
für all jene, die entweder frau sind, und so etwas nicht erleben mussten, oder es trotz des mannseins lange schon verdrängt haben, für all jene, die es noch vor sich haben, hier eine verkürzte beschreibung einer solchen prozedur.
mann kommt zu meist eher nachtschlafender stunde am stellungsort an, und findet sich in einer militant-kargen warteräumlichkeit wieder. wo man auf ROTEN (zur farbgebung später mehr) sesseln platz nimmt und gleich einmal das kennenlernt, woraus das ganze zu 87,9% besteht: warten. haben sich die roten sessel dann langsam aber stetig gefüllt (andere ortschaften haben schliesslich auch bürgermeister und blaguss-pauschal-verträge), wird man von einer heeresperson (keine titel und dienstgrade bitteschön, das verwirrt die armen zivilistenhascherln doch nur unnötig) begrüsst und grob über den weiteren ablauf unterrichtet.
erstmal wird man zur nummer, obwohl die instruktionsperson darauf hinweist, dass dem nur aus praktischen, administrativen gründen so ist, und bitteschön ganz und gar keine herabwürdigung eventuell vorhandener persönlichkeitsrechte darstellen soll. (dass das nebenbei doch geschieht kann man ja grosszuegigerweise dulden, dem zeit- und effizienzgewinne zuliebe, kostet ja teuer steuergeld.)
daraufhin begibt man in den ersten stock, zur sogenannten bekleidungskammer, und fasst dort eine einheit der sogenannten sportadjustierung aus, die da in ihrer vollständigen grossartigkeit besteht aus: einer boxershort, grün, in einer unmöglich für alle einheiten passenden einheitsgrösse. zwo stück badeschlapfen, die zusammen ein paar bilden, gehalten in blau. als oberteil darf man unterhemd oder t-shirt aus privatem zivilbesitz anbehalten. in diese bekleidung schlüpft man, und tut seine zivilkleidung in einen spind, der abschliessbar ist, dessen schlüssel man sich kommod ums handgelenk binden kann. jö, da ist ja auch die nummer drauf, falls man sie inzwischen vergessen hat. nicht verlieren meine herren, das kostet teuer steuergeld, muss man im verlustfalle komplett austauschen, da muss ein schlosser kommen, das ist ein rie-sen-auf-wand undsoweiterundsofort.
nun zu den ROTEN sesseln und warten. anstellen in einer reihe fuers lungenröntgen. da kriegt man dann vom jeweiligen vorgänger einen kleidsamen bleischurz gereicht, den man sich zum schutze der fortpflanzungsfähigkeit um die lenden legt. die kinnauflage des röntgengerätes wird nach jedem kanditaten mit alkohol gesäubert, soviel hygiene muss sein. (die brustauflage nicht. ach was. egal.) das bildchen kommt ins kuvert, die nummer drauf, und weiter gehts.
wieder zurück auf die ROTEN sessel. vor der blutabnahme kann man ja etwas – genau: warten. darum, nebenbeibemerkt, dauert so eine musterung in ihrer schönen länglichkeit auch ganze anderthalb tage. mit übernachtung im stockbettchen, falls bedarf besteht.
blut wird von medizinisch ausgebildetem personal abgenommen, ein paar wehrmänner dienen als blutwache. blutwache hört sich tendentiell gewalttätig an, ist es aber nicht unbedingt. die herren blutwachenden wachen einfach darüber, dass man als stellungspflichtiger nicht aufgrund von blut-sehen oder blut-mangel umkippt, bewusstlos wird, sich weh tut. (gar fürderhin in seiner tauglichkeit eingeschränkt wird) sollte ein solcher fall eintreten – also so ein kreislaufender – wird laut und deutlich “BLUTWACHE” gerufen, und der schwache junge herr auf einen kreislaufbelebenden kaffee eingeladen. je nach härte eines vorliegenden falles darf auch kurz gelegen werden, mit dem kreislauf spasst man nicht. danach: warten.
ob das alles angstschweiss ist, was man auf den ROTEN sesselchen so riecht, sei dahingestellt. kann ja mal vorkommen.
es folgt – nach etwas warten – der sogenannte psychologische eignungstest. heute am computer, früher auf papier darf man hier seine kombinatorischen – und 3D-raumwahrnehmungs- fähigkeiten unter beweis stellen. das wort ‘computer’ verunsichert Sie, Sie haben noch keine diesbezügliche erfahrung? kein problem, sie bekommen natürlich eine halbstündige einschulung, wie Sie genau mit der erheblichen anzahl (vier stück) und farblich gekennzeichneten druckknöpfen umgehen müssen …
den test kennt man zum teil schon aus diversen aufnahmetests bei weiterführenden höheren schulen, oder eben auch nicht, je nach werdegang. die schwierigkeit dieses teils des tests ist zum teil ungeheuerlich, und lässt schlüsse zu, in welcher art und weise der stellungspflichtige beim heeresdienst eingesetzt werden kann. wenn man also erkennt, dass nach eeiiiinem kleinen grünen quadrat, und noch zweiiiii kleinen grünen quadraten richtigerweise …….. dreiiii grüne quadrate folgen (hätten Sies gewusst?) stehen einem alle wege zur erfolgreichen militärischen Karriere offen. da bin ich mir ganz sicher!
der interessantere teil des tests umfasst subtil gestellte fragen, die aufschluss über die psychische verfassung des jungmannes geben sollen. subtil auch die möglichkeit, die gemachten antworten jederzeit zu revidieren. man kann ja seine meinung ändern. so braucht es tatsächlich mindestens drei bestätigungen, bis man WIRKLICH, WIRKLICH, WIRKLICH, ganz und gar SICHER IST, dass man SCHON MAL AN SELBSTMORD GEDACHT zu haben, und ganz, ganz, GANZ klar der meinung ist, öfters mal PROBLEME MIT DEN ELTERN ODER VORGESETZTEN zu haben. HERRGOTT JA VERDAMMT DU BLÖDES TEIL SO SICHER WAR ICH MIR NOCH NIE!!!
daraufhin kann es heutzutage recht schnell gehen, und man spart sich sehr viel zeit. wirklich viel zeit. tatsächlich, wirklich, echt, ehrlich viel zeit. die computer scheinen, WENN MAN SICH WIRKLICH SICHER WAR umgehend eine meldung auszuschicken, dass der betroffene einer genaueren untersuchung zu unterziehen ist, und man wird vom betreuenden informationsoffizier/computerkundigen zum einzelgespraech mit einem psych-ologen/iater geführt.
nach dem warten ist es gut, ein attest parat zu haben. nein, es ist wichtig ein attest parat zu haben. genauer gesagt ist es absolut unumgänglich ein attest zu haben, das die zuvor gemachten angaben bestätigt, und sicher nicht schlecht ist es, eine familiengeschichte vorweisen zu können, die die zuvor gemachten angaben bestätigt, und sicher nicht schlecht ist es auch, sich darob in entsprechender behandlung zu befinden, und ganz und gar überhaupt nicht schlecht ist es, wenn im attest drinnen steht, dass man schweren, unkorrigierbaren schaden nimmt, wenn man am heeresdienst teilnimmt.
dann meine lieben, kommt ihr auf die GRÜNEN sessel, das sind nicht nur rein farb-akzentuoes die guten. denn von denen weg nämlich gehts vor allem eins: raus hier, weg hier, zurück ins zivilleben.
ABER NEIN! so schnell schiessen die preussen nicht administrieren die bundesheere nicht …. erst mal warten …